lloll-1

In Frankreich mobbte Vincent Glad seine damalige Kollegin und heutige TV-Moderatorin Daphné Burki. © francinfo

Journalistinnen müssen sich das gefallen lassen

fs /  Fast jede Journalistin wird bei der Arbeit schikaniert, weil sie eine Frau ist. Viele werden auch belästigt.

In der Schweiz hat eine Online-Umfrage der Mediengruppe «Tamedia» aufgedeckt, dass vier von fünf Journalistinnen während ihrer Arbeit Sexismus erleben. Dabei geht es um Verhalten, das für Betroffene unangenehm ist, aber nicht als sexuelle Belästigung gilt.

Marginalisiert und übergangen
Am häufigsten gaben die Befragten an, dass Interviewpartner oder Kollegen sie nicht als kompetent wahrnehmen, weil sie eine Frau sind. Viele der Befragten sagten, dass sie an Sitzungen marginalisiert oder übergangen werden. Männer würden ihre abgelehnten Ideen übernehmen und dann mit Erfolg an Sitzungen vorschlagen.

Inhaltlicher Sexismus
Einige berichteten von Lohndiskriminierung, andere von inhaltlichem Sexismus. So wähle man Frauen als Protagonistinnen eines Beitrages, weil sie gut aussehen oder man mehr Frauen möchte. Inhalte spielten dabei keine Rolle. Der freie Journalist Alain Gfeller sagte in der «SonntagsZeitung», es gebe viele Männer, die abstreiten würden, Sexisten zu sein. «Und doch verhalten sie sich sexistisch.»

Sexuelle Belästigung
Aus der Umfrage über Belästigung und Sexismus am Arbeitsplatz von Medienschaffenden geht auch hervor, dass jede zweite Journalistin bei der Arbeit schon sexuell belästigt wurde. Dabei geht es unter anderem um unerwünschte Anmache und Berührungen. Täter sind hauptsächlich Vorgesetzte und Externe wie Interviewpartner und Informanten.

Für die Umfrage hat «Tamedia» 3429 Journalistinnen und Journalisten in der Deutschschweiz und der Romandie angeschrieben, die in einem Impressum oder Organigramm verzeichnet waren. 755 Personen aus TV, Radio, Print und Online aus allen grossen Medienhäusern machten mit.

Langjähriger Reporter freigestellt
In Deutschland hat der Berliner «Tagesspiegel» im Frühjahr einen langjährigen Reporter freigestellt, nachdem mehrere Journalistinnen berichtet hatten, dass er sie bedrängt, gestalkt und belästigt hatte. Die Zeitung hat mittlerweile eine externe Ombudsfrau berufen, hausinterne Vertrauenspersonen eingesetzt und eine Meldeplattform eingerichtet, die Anonymität gewährleistet.

In Frankreich kam Anfang dieses Jahres ein Männer-Netzwerk aus der Medien- und Werbebranche ans Licht der Öffentlichkeit, das jahrelang feministische Journalistinnen und Aktivistinnen «aus Spass» attackiert hatte. Das Magazin «Vice France» machte darauf öffentlich, dass zehn Kadermänner in einer geschlossenen Nachrichtengruppe Witze und sexistische Bemerkungen über ihre Kolleginnen ausgetauscht haben.

In den USA berichten Journalistinnen immer wieder von sexuellen Übergriffen. Moderatoren und Journalisten verloren deshalb ihre Jobs. Präsident Donald Trump blieb bisher unbehelligt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

IBAN: CH 0309000000604575581