12_7_segga-1

Das Mitarbeitermagazin hat die Agir AG mittlerweile vom Netz genommen. © ge

Belästiger müssen in Gleichstellungs-Schule

fs /  Staatliche Nachhilfe statt Auftragsentzug: Zürich schont eine Baufirma, die wiederholt mit diskriminierenden Inhalten aufgefallen ist.

Die Zürcher Bau- und Betonfirma Agir AG ist seit 2013 durch sexistische Werbung und Sprache aufgefallen. «Hama weiss wirklich, wie abfiggen geht…» stand beispielsweise im internen Mitarbeitermagazin über einem Foto, das einen halbnackten Frauenhintern neben einem abgefahrenen Pneu zeigt. Auf der Webseite bezeichnete die Firma Filialen im Ausland als «heisse Bräute» und «Harem». Bereits vor fünf Jähren hatte die Schweizerische Lauterkeitskommission ein sexistisches Inserat gerügt. Trotzdem hat der Kanton Zürich dem Unternehmen weitere Aufträge erteilt. Er reagierte erst, als der Sexismus der Agir AG im letzten Sommer erneut öffentlich wurde.

Vertraglich zur Gleichstellung verpflichtet
Firmen, die im Kanton Zürich öffentliche Aufträge erhalten, müssen sich vertraglich verpflichten, die Gleichstellung von Frau und Mann einzuhalten. Drei Kantonsrätinnen wollten deshalb von der Kantonsregierung wissen, ob und in welcher Form sie die Agir AG zur Verantwortung zieht. In ihrer Antwort schreibt die Regierung, dass ein Ausschluss von Vergabefahren unverhältnismässig gewesen wäre. Fehlbare Unternehmen schliesse sie nur aus, «wenn die Schwere der Widerhandlung dies rechtfertigt und insbesondere keine milderen Massnahmen möglich oder sinnvoll sind».

Selbstdeklaration
Ob eine Firma den Grundsatz der Gleichbehandlung einhält, überprüft die Regierung nicht. Ihr genügt eine Selbstdeklaration mit Sanktionsandrohungen, falls die Angaben nicht stimmen. «Weitergehende Massnahmen werden in der Regel aus Aufwandgründen nicht getroffen.» Im konkreten Fall habe die Regierung nicht gewusst, dass die Schweizerische Lauterkeitskommission bereits 2013 ein sexistisches Inserat der Agir AG gerügt hatte.

Kontrollen statt Selbstdeklaration
Als das Verhalten der Agir AG im Sommer bekannt wurde, habe der Kanton reagiert und der Firma im Wiederholungsfall mit Sanktionen gedroht. Die Agir AG habe eine Mitarbeiterzeitschrift mit diskriminierendem Inhalt vom Netz genommen und eingestellt. «Gleichzeitig hat sie versichert, auch die weiteren Kommunikationsmittel angepasst zu haben.» Zusätzlich verordnete die Regierung der Belegschaft eine Schulung mit Schwerpunkt auf sexueller Belästigung durch die Fachstelle für Gleichstellung von Frau und Mann des Kantons Zürich.

SP-Kantonsrätin Michèle Dünki-Bättig gehört zu den drei Politikerinnen, die von der Regierung Auskunft über das Vergabeverfahren verlangt hatten. Über die Antwort äusserte sie sich im «Tages-Anzeiger» enttäuscht: «Da verhält sich die Firma Agir AG derart krass, und der Regierungsrat verweist auf die Selbstdeklaration. Da braucht es mehr als das.» Dünki-Bättig fordert Kontrollen, auch bei anderen Firmen, die öffentliche Aufträge erhalten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

IBAN: CH 0309000000604575581