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Häufiger Grund für Diskriminierungsklagen: Ungleiche Löhne. © bmfsfj

Gerichte entscheiden gegen Frauen

fs /  Klagen wegen Diskriminierung am Arbeitsplatz sind in der Schweiz mehrheitlich erfolglos. Fachleute sehen Handlungsbedarf beim Gesetzgeber und den Gerichten.

Arbeitnehmerinnen, die am Arbeitsplatz diskriminiert werden, können aufgrund des Eidgenössischen Gleichstellungsgesetzes Klage gegen ihren Arbeitgeber einreichen. Im Auftrag des Eidgenössischen Gleichstellungsbüros hat ein Forschungsteam der Universität Genf 190 kantonale Gerichtsurteile aus den Jahren 2004 bis 2015 analysiert. Die wichtigsten Ergebnisse:

Erfolglose Klagen

  • Klagen aufgrund des Gleichstellungsgesetzes wegen Diskriminierung am Arbeitsplatz reichen überwiegend Frauen ein (86 Prozent).
  • Zum Zeitpunkt des Urteils ist das Arbeitsverhältnis in 84 Prozent der untersuchten Fälle aufgelöst.
  • Häufigste Gründe für eine Klage sind ungleiche Löhne, diskriminierende Kündigungen und Diskriminierungen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft.
  • In knapp zwei Dritteln aller Fälle (62,5 Prozent) ist das Urteil mehrheitlich oder ganz zu Ungunsten der Klägerin ausgefallen. Bei sexueller Belästigung wurden 83 Prozent der Fälle abgewiesen. Klagen wegen so genannter Rachekündigungen scheiterten sogar zu 90 Prozent.

Beweislast erleichtern und Arbeitgeber kontrollieren
Das Forschungsteam sieht beim Gesetzgeber und bei den Gerichten Handlungsbedarf. Einige Empfehlungen:

  • Lohntransparenz verbessern: Wenn eine Klägerin eine Lohndiskriminierung glaubhaft machen kann, muss der Arbeitgeber beweisen, dass er sie nicht diskriminiert (Beweislasterleichterung). Weil es keine Transparenz bei den Löhnen gibt, ist es laut der Studie für eine Klägerin jedoch schwierig, auch nur Indizien für eine Diskriminierung zu erbringen.
  • Beweislasterleichterung ausdehnen: Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist schwierig zu beweisen, da es für diesen Tatbestand keine Beweislasterleichterung gibt. Solche Klagen werden deshalb fast alle abgewiesen. Das Forschungsteam empfiehlt, die Beweislasterleichterung auf alle Fälle von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechtes auszudehnen, also auch auf sexuelle Belästigung.
  • Systematische Kontrollen: Gerichte untersuchen selten, ob der Arbeitgeber seine gesetzlichen Pflichten erfüllt. Dieser muss beispielsweise gegen sexuelle Belästigung vorbeugend vorgehen und sie im konkreten Fall stoppen. Das Forschungsteam empfiehlt, dass kantonale Behörden die Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes in den Unternehmen kontrollieren müssen, ähnlich wie dies bei Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz der Fall ist.
  • Aus- und Weiterbildung: Das Gleichstellungsgesetz muss fester Bestandteil des juristischen Grundstudiums und von Weiterbildungsprogrammen für Richterinnen und Richter, Mitglieder von Schlichtungsbehörden und der Anwaltschaft werden.

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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