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Textilarbeiterinnen müssen weltweit unter miesen Bedingungen arbeiten. © care

H&M lässt Journalistinnen nicht in Fabrik

upg /  Überwiegend Frauen arbeiten in der Textilindustrie. Transparenz über die Arbeitsbedingungen verweigern die Mode-Konzerne trotz gegenteiliger Versprechen.

Zwei Redaktorinnen der «NZZ am Sonntag» durften die Arbeitsbedingungen in Fabriken von H&M-Lieferanten in Äthiopien nicht verifizieren. «Vollmundige Versprechen» hätten Kleiderkonzerne verbreitet, doch Transparenz mögen sie nicht, berichtet die «NZZ am Sonntag». Die Anfrage für einen Fabrikbesuch hätte ein H&M-Sprecher «abgeblockt». Sogar ein Vorgespräch per Telefon habe er abgelehnt.

Fabrikbesuche verweigert
Auch die deutsche Tschibo-Gruppe wollte keinen Besuch von NZZ-Journalistinnen in Äthiopien: «Die Produktion werde umgestellt und es laufe nur wenig in der Fabrik, lautet die Ausrede». Der US-Modekonzern PVH, dem die Marken Tommy Hilfiger und Calvin Klein gehören, habe die schriftliche Anfrage der «NZZ am Sonntag» unbeantwortet gelassen, berichten die Redaktorinnen Anja Burri und Franziska Pfister.
Auf eigene Faust konnten die beiden ebenfalls nicht vor Ort gehen und mit Fabrikarbeiterinnen reden: «Von den äthiopischen Behörden erhielt die ‹NZZ am Sonntag› trotz wochenlangen Bemühungen keine rechtzeitige Einreiseerlaubnis.»

PR-Sprüche sollen Kundschaft beruhigen
Die Käuferinnen und Käufer billiger Textilien sollen nicht informiert entscheiden können, ob sie sich an der Ausbeutung beteiligen oder solche Textilien lieber nicht kaufen wollen. Im Gegenteil: Mit dem Hinweis auf «Standards», «ethische Richtlinien», das «Einhalten von Mindestlöhnen» sowie mit Berichten über einzelne überdurchschnittliche Fabriken beruhigen sie das Gewissen der Käuferschaft im reichen Europa. Diese glaubt den beruhigenden PR-Sprüchen allzu schnell und allzu gerne. Dabei würde es genügen, für ein T-Shirt einen oder zwei Franken mehr zu verlangen (ohne natürlich die Margen prozentual zu erhöhen), um vor Ort dreimal oder sogar viermal so hohe Löhne zu zahlen.


Wer erhält vom Kaufpreis eines T-Shirts wieviel? Grössenordnung. Quelle: Clean Clothes Schweiz / Grafik: saldo. Grössere Auflösung hier.

Produktion zu Tiefstlöhnen
H&M, Tommy Hilfiger, Calvin Klein, Zara oder Levi’s verlegen ihre ausbeuterische Textilproduktion von Land zu Land, stets dorthin, wo Arbeiterinnen und Arbeiter am meisten auszubeuten sind, wo Gesetze zum Gesundheits- und Umweltschutz am schwächsten sind, und wo kaum Steuern erhoben werden.
Früher war es einmal China, dann Bangladesch, Thailand, Myanmar und neustens einzelne afrikanische Länder wie Äthiopien. Die Konzerne versuchen, sich ihre eigenen Finger nicht zu verbrennen und ihr Image rein zu halten, indem sie die Ausbeuter-Fabriken nicht selber besitzen und führen, sondern die Ware nach ihren Vorgaben von Zulieferern und Unterzulieferern produzieren lassen. Die Nichtregierungsorganisation Public Eye (früher Erklärung von Bern) nennt dieses System die «organisierte Verantwortungslosigkeit».


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