Berlin: Kein Anspruch auf gemischte Schulklassen

fs /  Grundsätzlich werden Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet. Eine Schule kann jedoch Ausnahmen machen – zum Beispiel beim Sport.

Eltern haben keinen Anspruch darauf, dass in der Schule Mädchen und Jungen durchgehend gemeinsam unterrichtet werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden und damit das Urteil der Vorinstanz bestätigt.
Die Eltern von zwei Mädchen im Alter von acht und zwölf Jahren hatten geklagt, weil an der Schule ihrer Töchter in Berlin-Zehlendorf der Sportunterricht teilweise nach Geschlechtern getrennt abgehalten wird. Dies halten die Eltern für eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung, die Rollenklischees verfestige.
Das Oberverwaltungsgericht kam wie das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass Eltern keinen Anspruch auf durchgehend koedukativen Unterricht ihrer Kinder haben. Laut dem Berliner Schulgesetz müssen Schülerinnen und Schüler grundsätzlich gemeinsam unterrichtet werden. Der Unterricht kann jedoch zeitweise nach Geschlechtern getrennt stattfinden, wenn dies pädagogisch sinnvoll ist. Ob dies der Fall sei, liege überwiegend im Ermessensspielraum der Schule, sagt das Oberverwaltungsgericht. Diesen Beurteilungsspielraum habe die Schule mit der Entscheidung, den Sportunterricht zeitweise nach Geschlechtern getrennt zu unterrichten, nicht überschritten.
Kein Verstoss gegen das Gleichheitsgesetz
Die Vor- und Nachteile des nach Geschlechtern getrennten Unterrichts würden in der Fachwissenschaft kontrovers diskutiert. Es gebe bisher keine unangefochtene Lehrauffassung, welche Unterrichtsform besser geeignet sei, um Mädchen und Jungen gleichberechtigt zu fördern und Geschlechtergrenzen zu überwinden. Aus diesem Grund verstosse die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, den Unterricht nach Geschlechtern getrennt durchzuführen, nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung.
Auch in anderen Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg findet getrennter Sportunterricht statt oder ist sogar üblich, schreibt die «Süddeutsche Zeitung».
In den USA endete im Bundesstaat West Virginia ein Rechtsstreit um den koedukativen Unterricht mit einem Vergleich. Die Van Devender Middle School hatte vor drei Jahren entschieden, Mädchen und Jungen in den wichtigsten Fächern durchgehend getrennt zu unterrichten. Im Namen der Mutter von drei Schülerinnen reichte die Bürgerrechtsorganisation «American Civil Liberties Union (ACLU)» Klage gegen die Schule ein. Die Schule verletze mit dem monoedukativen Unterricht verfassungsmässig garantierte Gleichstellungsrechte und zementiere Rollenklischees. Die Schule muss nun in den nächsten zwei Jahren die Schülerinnen und Schüler durchgehend gemeinsam unterrichten. Falls sie danach wieder getrennten Unterricht abhalten will, braucht sie eine richterliche Genehmigung.

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