Bildschirmfoto 2021-09-16 um 12.10.35

Die Staatsanwaltschaft erwägt, das Urteil des Bezirksgerichtes anzufechten. © dbb

Geschlechterklischees beeinflussen Urteile

fs /  Der mutmassliche Sexualstraftäter Bill Cosby ist Ende Juni freigekommen. Am selben Tag verlor Popstar Britney Spears ein weiteres Mal im Kampf gegen ihre Entmündigung.

Die beiden Urteile in den USA haben erst auf den zweiten Blick etwas miteinander zu tun. Sie machen deutlich, dass es Gerichte gibt, die nach wie vor aufgrund veralteter Rollenklischees urteilen. 

Nachsicht mit dem Mann

Schauspieler Bill Cosby wurde 2018 zu einer mehrjährigen Haftstrafe wegen sexueller Nötigung verurteilt. Mehr als 60 Frauen hatten entsprechende Vorwürfe erhoben. Als sie damit an die Öffentlichkeit gingen, war nur ein einziger Fall noch nicht verjährt. In diesem Fall hat das höchste Gericht im US-Bundesstaat Pennsylvania kürzlich die Verurteilung von Cosby wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben und der 83-Jährige wurde freigelassen. Zahlreiche US-Schauspielerinnen verurteilten den Entscheid als unverständlich. Einmal mehr müsse eine Frau erfahren, dass ein Gericht mit ihrem Peiniger nachsichtig ist. Das sei eine verheerende Botschaft an alle, die von Übergriffen betroffen sind.

Keine Nachsicht mit der Frau

Am gleichen Tag lehnte ein Richter in Kalifornien den Antrag der Sängerin Britney Spears ab, dass sie wieder selber über ihre Person und ihre Finanzen bestimmen kann. Die 39-Jährige steht seit einem Zusammenbruch 2008 unter Vormundschaft ihres Vaters. Später kamen ein Co-Vormund und ein Finanztreuhänder hinzu. Spears versucht seit Jahren, die Vormundschaft ihres Vaters zu beenden, wie die «New York Times» berichtete. Nach eigenen Aussagen kann sie nicht einmal selber entscheiden, ob sie weitere Kinder bekommt. 

Zusammenbrüche mit unterschiedlichen Folgen

2016 erlitt Rapper Kanye West wie Spears ebenfalls einen Nervenzusammenbruch. Doch der heute 44-Jährige wurde nicht unter Vormundschaft gestellt und kandidierte 2020 sogar für das Präsidentenamt. Spears hingegen darf weiterhin nicht einmal selber entscheiden, wie sie ihr Geld ausgibt. Sie kämpft weiter. Anfang August berichteten US-Medien, dass ihr Vater die Vormundschaft aufgeben will. Wie viel Freiheit Spears ab wann erhält, ist jedoch unklar. Der nächste Gerichtstermin ist im September.

Aus- und Weiterbildung reformieren

Die beiden Urteile in den USA sind keine Einzelfälle. Gerichte urteilen auch andernorts nicht ohne Vorurteile. In Deutschland forderte kürzlich der «Deutsche Juristinnenbund», die juristische Aus- und Weiterbildung zu reformieren. Die Ausbildungsliteratur sei «überwiegend» von Männern verfasst und voll stereotyper und diskriminierender Darstellungen. Zudem seien die Strafverfolgungsbehörden für eine geschlechtergerechte Rechtsanwendung oft zu wenig sensibilisiert. Geschlechterklischees würden deshalb ihre Arbeit beeinflussen.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

IBAN: CH 0309000000604575581