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US-Schachmeisterin Nazi Paikidze-Barnes will die WM im Iran boykottieren. © npb

WM-Boykott spaltet Schachspielerinnen

fs /  Top-Spielerinnen werden nicht an der Schach-WM im Iran teilnehmen, weil sie mit Kopftuch antreten müssen. Iranische Spielerinnen kritisieren den Boykott.

Anfang kommenden Jahres findet die Schach-Weltmeisterschaft der Frauen in Teheran statt. Im Iran gilt für Frauen seit der Revolution 1979 Kopftuchzwang. Wer das Haar offen trägt, riskiert eine Geld- oder Haftstrafe.

US-Meisterin boykottiert WM
Mehrere Schach-Stars haben nun beschlossen, nicht an der WM teilzunehmen. Dazu gehört Nazi Paikidze-Barnes, amtierende Schachmeisterin der USA. Für die 22-Jährige ist es «völlig inakzeptabel», eine Weltmeisterschaft an einem Ort abzuhalten, an dem Frauen wie «Zweite-Klasse-Bürgerinnen» behandelt werden. «Ich weiss, dass viele iranische Frauen täglich gegen dieses Gesetz protestieren und eine Menge riskieren. Deshalb werde ich kein Kopftuch tragen und die Unterdrückung unterstützen. Selbst wenn das bedeutet, dass ich das wichtigste Turnier meiner Karriere verpasse», schrieb die Top-Spielerin in den sozialen Medien. Ihr Entscheid richte sich nicht gegen eine Religion, sondern gegen Gesetze, die ihre Rechte als Frau einschränken. «Ich hoffe, dass ich eines Tages den Iran besuchen kann und sehe, dass die iranischen Frauen frei und gleichberechtigt sind.»

«Es geht um Frauenrechte»
Nazi Paikidze-Barnes, die aus Georgien stammt, forderte mit einer Online-Petition den Weltschachbund (Fide) auf, entweder die WM zu verlegen oder es den Teilnehmerinnen zu ermöglichen, ohne Kopftuch anzutreten. «Diese Angelegenheit geht über die Schachwelt hinaus. Es ist ein Kampf für die Frauenrechte», heisst es in der Petition. Carla Heredia aus Ecuador, will auch nicht nach Teheran fahren. Der Kopftuchzwang verletze alles, wofür der Sport stehe, schrieb sie auf Twitter. «Keine Institution, keine Regierung und auch keine Weltmeisterschaft im Schach sollte Frauen zwingen, ein Kopftuch zu tragen.»

Kritik am Boykott
Kritik am Boykott kommt von iranischen Schachspielerinnen. Die Weltmeisterschaft werde Frauen im Schach und auch in anderen Sportarten Auftrieb geben, sagte Grossmeisterin Mitra Hejazipour der «New York Times». Das Kopftuchgebot sei ein nationales Gesetz, das der Iran ändern müsse, und nicht ein Diktat von aussen. Ghontscheh Ghawami sagt, ein Boykott spiele Konservativen in die Hände, die dem Westen vorwerfen, den Iran mit Frauenrechten unter Druck zu setzen. Die britisch-iranische Doppelbürgerin sass mehrere Monate im Iran im Gefängnis, weil sie vor zwei Jahren versucht hatte, ein Volleyball-Länderspiel der Männer als Zuschauerin im Stadion zu verfolgen.

Elisabeth Pähtz, Schachmeisterin in Deutschland, will an der WM teilnehmen. «Das Kopftuch stört mich ehrlich gesagt nicht», sagte sie gegenüber der «Welt». In anderen Ländern würden andere Gesetze und Traditionen gelten. Wer das nicht akzeptiere, könne ja zu Hause bleiben.

Statuten verurteilen Diskriminierung
Laut dem Weltschachbund war der Iran der einzige Bewerber für die Frauen-WM. Bei der Vergabe habe es keine Einwände der 159 Mitgliedsverbände gegeben. Die Kommission für Frauenschach im Weltschachbund befürchtet eine Boykottwelle und hat die Top-Spielerinnen aufgefordert, «kulturelle Differenzen» zu respektieren. Laut Nazi Paikidze-Barnes verstösst der Dachverband jedoch gegen die eigenen Statuten. Diese verurteilen die Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes.


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