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Caroline de Haas (links) wirft den Gegnerinnen der #MeToo-Kampagne vor, Gewalt zu banalisieren. © BFNTV

«Ambivalentes Verhalten zu Frauenrechten»

fs /  Prominente Französinnen plädieren für die «Freiheit zu belästigen». Kritikerinnen fragen, ob dies auch für Arbeiter und Nordafrikaner gelte.

In einem offenen Brief kritisieren rund hundert Französinnen, die #MeToo-Kampagne gegen Gewalt am Arbeitsplatz gehe zu weit. Sie denunziere Männer pauschal und leiste einem Puritanismus Vorschub. Dabei sei die «Freiheit zu belästigen» unerlässlich für die sexuelle Freiheit. Doch heute würden Männer bereits zur Kündigung gezwungen, «deren einziges Vergehen es ist, ein Knie berührt oder einen Kuss erhascht zu haben». Es sei eine «Hexenjagd» gegen Männer im Gang. Den offenen Brief in «Le Monde» haben fünf Schriftstellerinnen verfasst und rund hundert, teilweise international bekannte Frauen unterschrieben, darunter Schauspielerin Catherine Deneuve.
Herkunft der Täter
Kritikerinnen werfen den Unterzeichnerinnen ein ambivalentes Verhalten zu Frauenrechten vor. Dabei spiele die Herkunft der Täter eine Rolle. Viele würden sexistisches Verhalten kritisieren, wenn die Täter aus Arbeitervierteln kommen, schreibt die Feministin Caroline de Haas. Für Männer aus dem eigenen Milieu hingegen forderten sie ein «Recht zu belästigen». Laila Lalami, US-Autorin mit marokkanischen Wurzeln, stellte die Frage: «Würde Catherine Deneuve auch Männer verteidigen, die versuchen ‹einen Kuss zu stehlen›, wenn diese Männer Nordafrikaner sind?»
«Grenze bewusst verwischt»
Caroline de Haas wirft den Unterzeichnerinnen vor, bewusst die Grenze zwischen lustvollem Flirten in gegenseitigem Respekt und Gewalt zu verwischen. Wenn Belästigung und Übergriffe als «aufdringlicher Flirt» gelten, seien sie nicht so schlimm. Der Vorwurf des Übertreibens sei altbekannt. Jedes Mal, wenn die Gleichstellung kleine Fortschritte machen, würden «gute Seelen» Frauen warnen, nicht zu weit zu gehen. Dabei werde schon lange übertrieben: Jeden Tag würden in Frankreich Tausende Frauen belästigt und Hunderte vergewaltigt. «Jeden Tag». Die prominenten Französinnen lebten in einer Blase und würden ihre Bekanntheit missbrauchen, um Gewalt zu banalisieren und «Millionen von Frauen zu verachten, die Gewalt erleiden und erlitten haben». Ihre Argumente seien nicht wirklich neu. Sie seien wie «der lästige Kollege oder der anstrengende Onkel, der nicht versteht, was gerade passiert».
Die Antwort von de Haas auf das Plädoyer der prominenten Französinnen haben rund 30 Feministinnen und Vertreterinnen französischer Frauenorganisationen unterzeichnet. Das Nachrichtenportal Franceinfo hat sie veröffentlicht.


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