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Natalie Rickli wird im Rap-Song übel beschimpft. © srf

Gericht billigt frauenverachtenden Song

fs /  Die Klage einer Schweizer Politikerin gegen frauenverachtende Beschimpfungen in einem Rap-Song blieb auch in zweiter Instanz erfolglos.

Mitglieder des Rap-Kollektivs «Chaostruppe» hatten Natalie Rickli, konservative SVP-Abgeordnete im Bundesparlament, in einem Song sexistisch beschimpft und zu sexuellen Handlungen aufgefordert. Rickli sei vielleicht ganz in Ordnung, wenn sie nur wieder einmal «richtig» gefickt würde, hiess es darin. Die 40-jährige Nationalrätin wird als «Schlampe» bezeichnet und auf vulgärste Weise zum Oral- und Gruppensex aufgefordert.

Keine sexuelle Belästigung
Rickli erstattete Anzeige. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern gab der Politikerin recht und sprach fünf Mitglieder des Rap-Kollektivs per Strafbefehl wegen Verleumdung, Beschimpfung und sexueller Belästigung schuldig. Doch die Klage wegen sexueller Belästigung blieb in den folgenden Instanzen erfolglos. Rickli habe den Song nicht anhören müssen, heisst es im kürzlich ergangenen Urteil des Berner Obergerichtes: «Ihr (Natalie Rickli) stand es – im Gegensatz zu direkten Äusserungen gegenüber einem anwesenden Opfer – offen, den Text anzuhören bzw. zu lesen oder dies zu unterlassen.» Eine sexuelle Belästigung liege nur vor, wenn der Täter das Opfer direkt belästige. Hingegen hiess das Obergericht die Klage wegen Beschimpfung und übler Nachrede gut. Gegen das Urteil ist Berufung beim Bundesgericht möglich.

Enge Auslegung des Tatbestandes
SP-Ständerat und Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch sagte im «SonntagsBlick», das Gericht sei nicht gezwungen gewesen, den Tatbestand der sexuellen Belästigung so eng anzuwenden. «Es wäre daher ohne Probleme möglich, den geltenden Tatbestand auch im Zusammenhang sozialer Medien auszulegen.» Der «SonntagsBlick», der das Urteil öffentlich gemacht hat, forderte den Gesetzgeber zum Handeln auf. Er müsse die gesetzlichen Bestimmungen anpassen, um allen klar zu machen, dass man auch für sexuelle Belästigung in den sozialen Medien zur Rechenschaft gezogen werden kann.

«Ich fühle mich in meiner Würde verletzt»
Natalie Rickli hatte auf Facebook geschrieben, sie habe mit der Anzeige darauf aufmerksam machen wollen, «wo die Grenze der Angriffe auf Politikerinnen und auf Frauen generell ist». Der Song habe keinen politischen Inhalt, «sondern beleidigt mich aufs Übelste, und ich fühle mich in meiner Würde verletzt». Als sie den Song gehört habe, sei sie schockiert gewesen: «Wie kann man nur so über Frauen denken und sie auf diese Weise beschimpfen und sexuell belästigen?» Für eine Politikerin gehöre es dazu, Angriffen ausgesetzt zu sein. Aber solche Beschimpfungen lasse sie sich nicht bieten.

Vergewaltigungsfantasien
Der frauenverachtende Song der «Chaostruppe» ist keine Ausnahme. In unzähligen Raps werden Frauen als Schlampen und Nutten beschimpft und die Rapper lassen ihren Vergewaltigungsfantasien freien Lauf.


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