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Rosie Batty fordert ein grösseres Engagement der Gesellschaft gegen häusliche Gewalt. © whimn

Häusliche Gewalt: «Es braucht Kampagne wie beim Rauchen»

fs /  Im Kampf gegen häusliche Gewalt ist entscheidend, ob die Politik einen Bewusstseinswandel herbeiführen will, sagt eine Betroffene.

Nationale Kampagnen gegen das Rauchen haben in den letzten dreissig Jahren dazu beigetragen, die Zahl der Raucherinnen und Raucher deutlich zu senken. Diese Kampagnen hätten gezeigt, dass eine Gesellschaft mit gesetzlichen Massnahmen und einem langjährigen und ausreichend finanzierten Engagement einen Bewusstseinswandel erreichen kann, sagt Rosie Batty. Sie ist in Australien eine landesweit bekannte Aktivistin gegen häusliche Gewalt. Ihr Partner hatte vor vier Jahren den gemeinsamen 11-jährigen Sohn ermordet.

Bewusstsein ändern
Häusliche Gewalt verursacht jährlich unermessliches Leid und Kosten in Milliardenhöhe für Gesellschaft und Wirtschaft. Deshalb braucht es jetzt ein überparteiliches Engagement auf nationaler Ebene wie gegen das Rauchen, schreibt Batty im «Guardian». Politisch habe bisher die direkte Unterstützung betroffener Frauen und ihrer Familien Priorität gehabt. Die Prävention hingegen sei vernachlässigt worden. Das müsse sich ändern. Ähnlich wie beim Rauchen müsse man über Jahre investieren in Bewusstseinskampagnen in der Öffentlichkeit, am Arbeitsplatz, an Bildungseinrichtungen, im Sport. Ziel müsse es sein, die Einstellung gegenüber Frauen zu ändern, so dass Gewalt für keinen Mann mehr eine Lösung sei. Ein solcher Bewusstseinswandel sei nicht über Nacht möglich. Deshalb brauche es ein langjähriges Engagement auf nationaler Ebene, das ausreichend finanziert ist.

Politischer Wille entscheidend
Eine Kampagne muss laut und klar Verhalten verurteilen, das häusliche Gewalt begünstigt, schreibt Batty: Unabhängigkeit von Frauen nicht respektieren, Frauen bevormunden, Frauen nicht ernst nehmen, Gewalt gegen Frauen tolerieren oder sogar billigen. Dieses Verhalten sei immer noch verbreitet, teils auch bei Frauen. Batty: «Es wird vom politischen Willen abhängen, wie schnell wir Gewalt gegen Frauen beenden und wie viele Frauen und Kinder wir damit vor Tod, gesundheitlichen Folgeschäden und Hoffnungslosigkeit bewahren können.»

«Strukturelles Problem»
In der Schweiz hatte im Sommer die Attacke auf fünf junge Frauen vor einem Nachtlokal in Genf die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Gewalt an Frauen hinter verschlossenen Türen sei viel häufiger, bloggte Christina Klausener, Leiterin der Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» des Christlichen Friedensdienstes (cfd). Es handle sich um ein strukturelles Problem, das langfristige Massnahmen erfordere. Für den Kampf gegen Gewalt an Frauen brauche es mehr politische Unterstützung, bessere Statistiken und mehr finanzielle Ressourcen. Gesetzliche Massnahmen gegen Sexismus, für mehr Lohngerechtigkeit und die Einführung einer Elternzeit könnten dazu beitragen, Rollenbilder zu verändern und sexistische Vorurteile abzubauen.


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