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Holly Brockwell will keine Kinder und wurde deshalb übel beschimpft. © HB

«Mit 16 schwanger, ja – mit 29 sterilisiert, nein»

/  Eine junge Britin wollte sich unterbinden lassen, fand jedoch keinen Arzt. Sie machte dies öffentlich und wurde deshalb übel beschimpft.

Die 29-jährige Journalistin Holly Brockwell schrieb in einem Beitrag für die Webseite der BBC, dass sie jetzt und in Zukunft keine Kinder möchte. Im Artikel kritisierte sie zum wiederholten Mal, dass sie jahrelang erfolglos versucht hatte, einen Arzt zu finden, der sie sterilisiert.
Bevormundung durch Ärzte
In Grossbritannien haben Frauen das Recht, ihre Eileiter durchtrennen und sich damit sterilisieren zu lassen. Jedoch können Ärzte den Eingriff aus Gewissensgründen verweigern. Sie sei zu jung, ihre Meinung könne sich noch ändern, sagten sie Holly Brockwell. Die Journalistin kritisiert diese Bevormundung: «Frauen können sich entscheiden, mit 16 schwanger zu werden, aber es im Alter von 29 Jahren nicht ablehnen, überhaupt Mutter zu werden. Es scheint, als würden unsere Entscheidungen nur ernst genommen, wenn sie mit der Tradition übereinstimmen.»
Personenschutz der BBC
Nachdem ihr Artikel auf der BBC-Webseite im Spätherbst veröffentlicht worden war, wurde die Technikjournalistin im Netz als «gefühllos», «egoistisch» und «aufmerksamkeitsheischende Medienschlampe» beschimpft. Holly Brockwell musste zeitweise ihren Twitter-Account sperren. Auf dem Weg zu einem Besuch in der BBC liess der Sender sie von einem Personenschützer begleiten. Mittlerweile hat sie einen Arzt gefunden, der den Eingriff vornimmt.
Kinderlose brechen Rollenbilder
Holly Brockwell ist nicht die erste Frau, die übel beschimpft wird, weil sie öffentlich dazu steht, keine Kinder zu wollen. In Deutschland hat die Moderatorin und Journalistin Sarah Kuttner Ähnliches erlebt. In ihrer Talkshow auf ZDFneo sagte die 36-Jährige vor knapp zwei Jahren: «Ich hab› keine Kinder und ich hab› da auch überhaupt kein Interesse dran.» Darauf wurde sie auf Facebook und Twitter übel beschimpft und beleidigt. Buchautorin Sarah Diehl sagte in der «Süddeutschen Zeitung», dass die Gesellschaft es Frauen grundsätzlich übel nehme, wenn sie sich weigern, die traditionelle Rolle der Mutter zu erfüllen. Diehl hat für ihr Buch «Die Uhr, die nicht tickt» kinderlose Frauen interviewt. Den Egoismus-Vorwurf erklärt Diehl mit der traditionellen Rollenteilung, aus der kinderlose Frauen ausbrechen. «Wir wollen festhalten an der geschlechtlichen Arbeitsteilung, die wir immer noch gewohnt sind.»

«Regretting Motherhood»
Viele negative Reaktionen gab es letztes Jahr auf das Bekenntnis von Müttern, mit der Mutterrolle nicht glücklich zu sein («Regretting Motherhood»). In einer Befragung gaben Mütter an, ihre Kinder zwar zu lieben. Doch wenn sie das Rad der Zeit zurückdrehen könnten, würden sie nicht mehr Mütter werden wollen. Die Rolle und Aufgaben der Mutter machten sie nicht zufrieden. Besonders mache ihnen der Konflikt zu schaffen, dass sich die gesellschaftlichen Erwartungen mit ihrem Empfinden nicht deckten.


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