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Sabine Reyer mit Installation und einer der verbotenen Fotocollagen. © SR

Finanzamt zensuriert Burka-Barbie

fs /  In Deutschland hat das Kuratorium einer Einzelausstellung zwei Werke verboten. Sie zeigen Barbie unter der Burka.

Die Künstlerin Sabine Reyer konnte Anfang dieses Jahres in einer Einzelausstellung Werke in den Räumen der Finanzbehörde Hamburg zeigen. Auf Geheiss des Kunst-Kuratoriums der Behörde durfte sie zwei Fotocollagen nicht zeigen. Sie zeigen Barbie-Puppen. Einige sind leicht bekleidet, andere sind unter einer Burka ganz verhüllt. Reyer will mit den Puppen die «markanten Gegensätze des Menschen- bzw. Frauenbildes unterschiedlicher Kulturkreise und deren Synthese durch den ’Markt’» thematisieren.
«Starker politisch/religiöser Inhalt»
Das Kuratorium begründete seinen Entscheid damit, dass diese Collagen einen «starken politischen/religiösen Inhalt» besitzen. «Sie sind geeignet, bei Betrachtern – insbesondere Angehörigen muslimischen Glaubens – Irritationen bis hin zu möglicherweise verletzten Gefühlen zu erzeugen.» Die meisten kämen als Besucher der Behörde ins Finanzamt und nicht wegen der Kunstausstellung. Sie könnten sich also nicht aussuchen, ob sie die Bilder sehen wollten oder nicht. Ein Argument, das für Sabine Reyer nicht nachvollziehbar ist. Noch nie habe ihr jemand gesagt, er sei wegen ihrer Kunst in seinen Gefühlen verletzt worden. «Man kann sagen: Das gefällt mir nicht. Dann dreht man sich um und geht weg und guckt sich das nicht an.»
Behörde duckt sich weg
Sie mache seit Anfang der 90er Jahre Ausstellungen, schreibt Reyer in einem Leserinnenbrief in der «Emma»: «Ich habe es noch nie erlebt, dass Ausstellungsmacher wegen irgendwelcher Beschwerden Bilder abhängen liessen!» Ein Sprecher der Finanzbehörde sagte gegenüber dem NDR, die Behörde habe zu dieser Ausstellung keine offizielle Haltung. Sie stelle nur die Räume zur Verfügung. Das Kuratorium bestehe aus ehrenamtlich tätigen Mitarbeitenden, die in ihren Entscheidungen frei seien.
Fotos gingen um die Welt
Reyer hat in den Fotocollagen eines ihrer früheren Werke weiter entwickelt. Für eine Installation hatte sie hundert Barbie-Puppen in schwarze Ganzkörperschleier gesteckt. Diese Installation war unter anderem an der Ruhr-Triennale zu sehen. Fotos davon gingen um die Welt und wurden auch in türkischen Zeitungen abgedruckt. Da im Finanzamt keine Rauminstallationen ausgestellt werden können, wollte Reyer als Ersatz die beiden Fotocollagen zeigen.


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