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Madonna während ihrer Rede an der Preisverleihung «Billboard Music Awards» vor zwei Jahren. © bb

«Wir Frauen müssen einander wertschätzen»

fs /  Madonna ist kürzlich 60 Jahre alt geworden. In den Würdigungen blieb ihre Kritik an den patriarchalen Regeln der Gesellschaft meist unerwähnt.

US-Popstar Madonna ist die erste Frau, die ihre lange Karriere in der Musikbranche weitgehend selber plante und bestimmte. Sie entschied allein, welche Musik und welche Themen sie auf die Bühne tragen und mit wem sie zusammenarbeiten wollte. Sie enttabuisierte die Darstellung von Frauen und von weiblicher Sexualität und arbeitete auch mit Musikern aus der Untergrundszene zusammen. Die Würdigungen zu ihrem Geburtstag zeigten, dass die Bedeutung von Madonna für die Musik- und vor allem für die Frauengeschichte noch immer unterschätzt wird. In ihrer denkwürdigen Dankesrede an der Preisverleihung «Billboard Music Awards» vor zwei Jahren sprach Madonna über ihre Karriere in einer Gesellschaft, deren Regeln nach wie vor männlich geprägt sind. Hier noch einmal ihre wichtigsten Aussagen in Deutsch.

«Du darfst niedlich sein, aber nicht zu clever»
Zu Beginn ihrer Karriere habe sie gedacht, dass für Frauen und Männer dieselben Regeln gelten, sagte Madonna. Ihre Muse sei David Bowie gewesen. «Er verkörperte das Männliche und das Weibliche und das gefiel mir. Er liess mich denken, es gäbe keine Regeln. Aber ich habe mich getäuscht. Es gibt keine Regeln, wenn du ein Junge bist. Es gibt aber Regeln, wenn du ein Mädchen bist. Wenn du ein Mädchen bist, musst du das Spiel mitspielen. Du darfst hübsch und niedlich und sexy sein. Aber sei bloss nicht zu clever. Habe keine eigene Meinung. Du darfst von Männern objektiviert werden und dich wie eine Schlampe kleiden, aber dein Schlampen-Dasein gehört dir nicht. Und niemals, ich wiederhole niemals, darfst du deine sexuellen Fantasien mit der Welt teilen. Sei das, was Männer wollen, dass du es bist. Noch wichtiger: Sei so, dass Frauen sorglos sind, wenn Du unter anderen Männern bist. Und schliesslich darfst Du nicht altern. Denn altern ist eine Sünde. Du wirst kritisiert, verunglimpft und definitiv nicht mehr im Radio gespielt.»

«Frauen haben nicht dieselben Freiheiten»
Dass für Frauen andere Regeln gelten, habe sie zum ersten Mal nach der Scheidung von ihrem ersten Mann Sean Penn verstanden. Als Single habe sie ihr Erotica-Album und ihr Sexbuch herausgegeben. Sie sei dafür in der Öffentlichkeit massiv kritisiert und als Hure, Hexe und Satan beschimpft worden. «Ich sagte: ‘Moment, ist nicht Prince herumgelaufen in Netzstrümpfen, High-Heels und mit Lippenstift, seinen Hintern raushängend?‘ Ja, ist er. Aber er war ein Mann. Erstmals habe ich wirklich verstanden, dass Frauen nicht dieselben Freiheiten wie Männer haben.» Sie sei wie gelähmt gewesen und habe lange gebraucht, bis sie mit ihrer künstlerischen Arbeit, ihrem Leben habe weitermachen können. Sie habe sich vergeblich eine weibliche Kollegin gewünscht, die sie unterstützt. Die feministische Kunsthistorikerin Camille Paglia habe ihr vorgeworfen, sie werfe Frauen zurück, indem sie sich zum sexuellen Objekt mache. «So dachte ich, ‘oh, Feministinnen haben offenbar keine Sexualität‘. Also sagte ich ‘fuck it‘. Ich bin eine andere Art von Feministin. Ich bin eine schlechte Feministin.»

«Wir müssen uns gegenseitig etwas wert sein»
Ihre Rede beendete Madonna mit einem eindringlichen Appell an die Frauen: «Was ich allen Frauen sagen möchte, ist: Frauen sind so lange unterdrückt worden, dass sie glauben, was Männer über sie sagen. Und sie glauben, dass sie einen Mann unterstützen müssen. Es gibt einige sehr gute Männer, die es wert sind, unterstützt zu werden, aber nicht, weil sie Männer sind, sondern, weil sie es verdient haben. Als Frauen müssen wir beginnen, unseren eigenen Wert zu schätzen und uns gegenseitig etwas wert zu sein. Finde starke Frauen mit denen du dich befreundest, um dich an ihnen zu orientieren, von ihnen zu lernen, Dich von ihnen inspirieren zu lassen, mit ihnen zusammenzuarbeiten, von ihnen unterstützt und aufgeklärt zu werden.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

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