Geru-13

Scheidungen von Scharia-Gerichten sind in der EU nicht wirksam. © dbb

Höchstgericht macht islamische Scheidungen ungültig

fs /  Scheidungen, die ohne Mitwirken des Staates im Ausland erfolgen, dürfen Gerichte in der EU nicht mehr anerkennen.

Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Der EuGH hatte den Fall eines Ehepaares aus Syrien zu beurteilen, das viele Jahre in Deutschland lebte und heute wieder in Deutschland lebt. Beide besitzen die doppelte Staatsangehörigkeit. Vor vier Jahren liess sich der Mann nach religiösem Recht vor einem Scharia-Gericht in Syrien aufgrund einer «einseitigen Willenserklärung» scheiden. Die Frau bestätigte schriftlich, dass sie alle Leistungen, die ihr gemäss Ehevertrag im Fall einer Scheidung zustehen, erhalten hat. Als der Mann in Deutschland die Scheidung des Scharia-Gerichtes anerkennen lassen wollte, legte die Frau Einspruch ein.

Bisherige Rechtsprechung
Das Oberlandesgericht München wollte die Scheidung unter Berufung auf die EU-Verordnung zu Scheidungen anerkennen, da die Frau mit der schriftlichen Erklärung ihr Einverständnis zur Scheidung gegeben habe. Dieses Vorgehen entspricht der bisherigen Rechtsprechung in Deutschland. Danach werden Scheidungen religiöser Gerichte anerkannt, wenn sie nicht gegen fundamentale Rechtsgrundsätze verstossen. Doch das OLG bat den EuGH um Stellungnahme.

Musliminnen besser gestellt
Dieser hat kürzlich entschieden, dass die betreffende EU-Verordnung (Rom-III) nur für Scheidungen gilt, die ein staatliches Gericht oder eine «öffentliche Behörde» ausgesprochen hat, nicht aber ein privates religiöses Gericht. Damit stärke der EuGH die Rechte muslimischer Frauen, hiess es in Kommentaren. Sie seien bei einer Scheidung nach deutschem Recht wesentlich besser abgesichert. Das Urteil betrifft nicht nur Scheidungen vor religiösen Gerichten sondern generell Privatscheidungen, die nicht von einem Gericht oder einer Behörde ausgesprochen werden.

Privatscheidungen auf dem Vormarsch
Seit dem Erlass der EU-Verordnung hatten mehrere EU-Mitgliedstaaten beschlossen, Ehescheidungen ohne Tätigwerden einer staatlichen Behörde zu ermöglichen, schreibt der EuGH im Urteil. Laut der «Süddeutschen Zeitung» können in Italien Ehen seit 2014 durch eine private Einigung aufgelöst werden. Frankreich habe 2016 die aussergerichtliche Scheidung eingeführt. Wenn auch solche Privatscheidungen unter die Verordnung fallen sollen, müsse der EU-Gesetzgeber dies zuerst beschliessen, sagt der EuGH. Auf die Frage des OLG, ob einseitige islamische Scheidungen Frauen diskriminieren, ging der EuGH nicht ein.


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