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Wer ein Kondom gegen den Willen der Frau entfernt, macht sich strafbar. © TS

Heimlich Gummi abziehen ist Straftat

fs /  Geschlechtsverkehr, der wider Willen ungeschützt erfolgt, gilt als weit verbreitete Form der Gewalt. Jetzt ist erstmals ein Täter verurteilt worden.

In der Schweiz hat das Kantonsgericht Waadt in zweiter Instanz einen Mann zu zwölf Monaten bedingt verurteilt, der während des Geschlechtsverkehrs ohne Einwilligung der Frau das Kondom abgezogen hatte. Das Gericht bestätigte die Haftstrafe von zwölf Monaten bedingt, welche die erste Instanz verhängt hatte. Das Kantonsgericht beurteilte das Delikt allerdings als Schändung und nicht wie die erste Instanz als Vergewaltigung. Das Kantonsgericht begründete dies damit, dass der Sex einvernehmlich war. Die Frau hatte nur den ungeschützten Geschlechtsverkehr ausdrücklich abgelehnt.

Widerstandsunfähig
Die Frau zeigte den Mann an, nachdem er einen HIV-Test verweigert hatte. Laut Staatsanwältin Laurence Brenlla ist das Verfahren in der Schweiz ein Präzedenzfall. Sie hatte auf Vergewaltigung oder allenfalls Schändung plädiert, weil die Frau überrumpelt, getäuscht und zum Widerstand unfähig war. Der Mann bestritt eine Absicht. Das Kondom sei gerissen oder verloren gegangen. Von seinen Erklärungen hielt das Kantonsgericht jedoch keine für glaubwürdig. Der Mann erwägt Berufung beim Bundesgericht, berichtet die Nachrichtenagentur sda.

«Tabuisierte Form der Gewalt»
Die US-Juristin Alexandra Brodsky fordert einen speziellen Straftatbestand. Dieser erleichtere es Betroffenen, Anzeige zu erstatten. Und Tätern signalisiere ein Straftatbestand, dass dieses Verhalten eine Form von Gewalt ist, schreibt Brodsky in der Studie «Rape Adjacent», die das «Columbia Journal of Gender and Law» im Frühjahr veröffentlichte. Geschlechtsverkehr, der wider Willen ungeschützt erfolgt, sei eine weit verbreitet Form der Gewalt, heisst es in der Studie. Allerdings spreche kaum jemand darüber und sie habe auch keinen Namen. Keines der Opfer, mit denen Brodsky sprechen konnte, hat Anzeige erstattet. Für die Opfer sei diese Form der Gewalt eine klare Verletzung ihrer körperlichen Autonomie, heisst es in der Studie. Sie hätten jedoch Schwierigkeiten, die Tat zu benennen und sich als Opfer zu begreifen.


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