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Mit eigenen Aktfotos setzte Emma Holten ein Zeichen für die Selbstbestimmung über private Bilder. © HF

TV-Sender zeigt gestohlene Nacktfotos

fs /  Ein deutscher TV-Sender zeigte gestohlene Nacktfotos einer jungen Frau. Diese versucht seit Jahren, die Bilder aus dem Netz zu entfernen.

Der Dänin Emma Holten wurden vor fünf Jahren Nacktfotos aus ihrem E-Mail-Postfach gestohlen. Kurz darauf waren die Bilder ohne ihre Zustimmung im Internet. Darauf wurde die damals 20-Jährige online sexistisch erniedrigt. Jahrelang versuchte sie vergeblich, die gestohlenen Bilder aus dem Netz zu entfernen. Jetzt strahlte sie der TV-Sender RTL ohne ihre Zustimmung und weitgehend unverpixelt aus.

Scheinheilige Kommentare
In der Sendung «Die 10 pikantesten Geschichten der Welt» zeigte RTL die Geschichte der heute 25-Jährigen Studentin zur Hauptsendezeit. Dazu schnitt RTL Ausschnitte aus einem früheren Interview mit Holten und Kommentare von deutschen Prominenten. Soap-Darstellerin Isabell Horn beispielsweise sagte zu den Nacktfotos: «Also, sie wollte nicht, dass diese Fotos online gestellt werden, und es wurde dennoch gemacht. Das ist so verletzend und entwürdigend und ganz, ganz schlimm.» RTL zeigte die Bilder, ohne die Zustimmung von Holten einzuholen. Am Ende des Beitrages hiess es scheinheilig: «Pikante Fotos mit und ohne Zustimmung – das ist eben ein Riesen-Unterschied.»

«Ich bin schockiert»
Holten sagte gegenüber der «Welt», sie sei schockiert, dass RTL die Bilder ohne ihre Zustimmung gezeigt habe. «Ich habe den Beitrag gesehen, und es war extrem schmerzhaft für mich. Ich fühle mich missbraucht.» Nach der Veröffentlichung der Bilder im Internet litt Holten jahrelang unter der Erniedrigung im Netz. Mit der Zeit habe sie verstanden, dass es nicht um die Bilder ging, sondern um Macht. Die Leute hätten es genossen, sie unter dem Deckmantel der Anonymität zu quälen. 2015 beschloss sie, wieder selber Handelnde zu werden. Sie veröffentlichte eigene Aktfotos, um ein Zeichen zu setzen für das Recht auf den selbstbestimmten Umgang mit privaten Bildern. «Die Zustimmung ist der Schlüssel. Jetzt ist es wieder meine Geschichte und nicht mehr die eines Idioten, der meine E-Mails gehackt hat», sagte sie damals.

«Eindeutiger Fehler»
RTL zeigte laut der «Welt» im vierminütigen Beitrag während dreieinhalb Minuten die gestohlenen Nacktbilder und nur während 30 Sekunden die Nacktfotos, die Holten freiwillig veröffentlicht hat. Ein Sprecher von RTL sagte gegenüber der «Welt», es sei «eindeutig ein Fehler» gewesen, Holten nicht vorab «informiert» zu haben. «Auch die Bebilderung des Beitrags mit einigen der sogenannten Rachebilder war ein klarer Fehler.» Holten will nun gegen RTL rechtlich vorgehen.


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