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Lindy West erhielt Hass-Botschaften über ein Twitter-Profil ihres verstorbenen Vaters. © LW

Twitter: Attacken gegen Frauen stoppen

/  Der Kurznachrichtendienst Twitter reagierte bisher nur zögerlich auf frauenfeindliche Attacken. Jetzt hat der Chef Versäumnisse eingestanden.

Twitter-Chef Dick Costolo übernahm in einem internen Memo an alle Twitter-Mitarbeitenden die Verantwortung für die Versäumnisse und kündigte Massnahmen an, um insbesondere Frauen besser zu schützen. Im Memo, aus dem das Technikportal «The Verge» zitiert, schreibt Costolo, dass der Konzern sich jahrelang zu wenig um die Attacken gekümmert habe. Das sei ein ethisches und ein wirtschaftliches Problem, da zahlreiche Userinnen das Online-Netzwerk deshalb verlassen hätten. Twitter werde nun diejenigen rauswerfen, die über Twitter andere Menschen beschimpfen und bedrohen. Er werde konzernintern die Verantwortungen klarer regeln und dafür sorgen, dass die Angestellten, die für die Überwachung von Twitter zuständig sind, genügend Mittel erhalten.

Twitter in der Kritik
Unmittelbarer Anlass für das Memo war ein Artikel der US-Autorin Lindy West im «Guardian». Die Twitter-Nutzerin beschrieb darin, dass sie regelmässig attackiert werde. Zuletzt hätten die Peiniger sogar ein Twitter-Profil auf den Namen ihres kürzlich verstorbenen Vaters eingerichtet und darüber Hass-Kommentare über sie veröffentlicht.

Deckmantel «freie Meinungsäusserung»
Netzaktivistinnen kritisieren seit Jahren, dass Online-Netzwerke wie Twitter zu wenig gegen Cybermobbing unternehmen. Der Schutz der freien Meinungsäusserung dürfe nicht dazu dienen, um Attacken gegen Frauen zu tolerieren. Solche Übergriffe könnten schwere Auswirkungen auf die Betroffenen haben. Die britische Journalistin Caroline Criado Perez hat ein Paar angezeigt, das sie von 86 Twitter-Accounts aus unablässig massiv bedroht und beleidigt hatte. Im Urteil hielt das Gericht letztes Jahr fest, dass die «extremen» Drohungen für Criado Perez «lebensverändernd» gewesen seien.

Hass-Tweets veröffentlicht
Anita Sarkeesian hat Mord- und Vergewaltigungsdrohungen erhalten, weil sie sexistische Computerspiele kritisiert. Sie musste zeitweise untertauchen. Anfang dieses Jahres hat sie Hass-Tweets veröffentlicht, die sie während einer einzigen Woche erhalten hat. «Ich hoffe, Du wirst vergewaltigt, Du elende Hure» heisst es. Oder: «Ich wünschte, ich könnte Sex mit dir haben und dich dann mit meinem Auto überfahren.»

Druck auf Werbekunden zeigte Wirkung
Auch Facebook hat Seiten, die Gewalt gegen Frauen propagieren, mit dem Argument der «Meinungsfreiheit» lange toleriert. Erst nachdem Frauenrechtsaktivistinnen Werbekunden darauf aufmerksam gemacht hatten, dass ihre Banner auf solchen Facebook-Seiten erscheinen, lenkte der Konzern ein.

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