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Auf www.babycaust.de veröffentlichte Annen die Namen von Ärzten. © fs

Abtreibungsgegner darf nicht gegen Ärzte hetzen

fs /  Ein Abtreibungsgegner darf Ärzten nicht namentlich Mord vorwerfen. Ein so gravierender Vorwurf verletze die Persönlichkeitsrechte der Ärzte.

Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden und damit die Urteile der Vorinstanzen in Deutschland bestätigt, berichtet «Legal Tribune Online».

Ärzte unzulässig angeprangert
Der Menschenrechtsgerichtshof hatte den Fall des radikalen Abtreibungsgegners Klaus Günter Annen zu entscheiden. Dieser hatte auf seiner Webseite und auf Flugblättern «pervertierten Ärzten» vorgeworfen, ungeborene Kinder zu «ermorden». Einzelne Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, nannte er namentlich. Vier dieser Ärzte erreichten auf dem Rechtsweg, dass Annen ihre Namen in diesem Zusammenhang nicht mehr öffentlich nennen darf. Laut den Urteilen der deutschen Gerichte können Flugblätter und Webseiten so verstanden werden, dass Annen die Ärzte als Mörder bezeichnet und damit unzulässig anprangert. Die Ärzte hätten legal gehandelt.

Urteile nicht akzeptiert
Gegen die Entscheide der deutschen Gerichte ging Annen vor den Menschenrechtsgerichtshof. Er machte geltend, dass seine Äusserungen nicht auf die Ärzte zielten, sondern auf die deutsche Rechtslage. Danach ist ein Schwangerschaftsabbruch zwar eine Straftat, die aber aufgrund der Fristenregelung straffrei bleibt. Die einstweiligen Verfügungen, welche die deutschen Gerichte gegen ihn erliessen, sind laut Annen unverhältnismässig und verletzen sein Recht auf freie Meinungsäusserung.

Rechte korrekt abgewogen
Der Menschenrechtsgerichtshof ist anderer Ansicht. Zwar hätten die einstweiligen Verfügungen Annens Recht auf freie Meinungsäusserung eingeschränkt. Doch das sei gerechtfertigt. Mit dem Mord-Vorwurf habe er den Eindruck erweckt, dass die Ärzte eine schwere Straftat begehen. Damit habe er die Persönlichkeitsrechte der Ärzte verletzt. Zudem könne der Mord-Vorwurf Hass und Aggression gegen die Ärzte provozieren. Die einstweiligen Verfügungen auf Unterlassung seien deshalb gerechtfertigt. Die deutschen Gerichte hätten die Rechte der Ärzte und des Abtreibungsgegners korrekt gegeneinander abgewogen, sagt der Menschenrechtsgerichtshof. Da sie Annen nicht verurteilten, sondern ihm nur untersagten, die Aussagen zu wiederholen, seien die Gerichtsentscheidungen nicht unverhältnismässig.
Gegen die vier Urteile kann Annen Berufung einlegen. Die Berufungskammer des EGMR wird den Fall allerdings nur aufgreifen, wenn sie ihn für grundsätzlich hält.

Attacken auf Ärztinnen und Ärzte
Annen attackiert seit langem Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. 2005 hatte er zwei Ärzte in einem Flugblatt namentlich genannt und ihnen vorgeworfen, «rechtswidrige» Abbrüche vorzunehmen, die der Gesetzgeber nicht unter Strafe stelle. 2015 kippte der Menschenrechtsgerichtshof die zuvor ergangenen Urteile der deutschen Gerichte und entschied, dass diese Aussage von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Die Aussagen auf dem Flugblatt seien juristisch korrekt. Zuletzt hat Annen Hunderte Ärztinnen und Ärzte, die im Internet über den Schwangerschaftsabbruch informieren, wegen «Werbung» für Abtreibungen angezeigt.


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