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Schwangere können nicht selber über ihren Körper bestimmen. © iug

Frauen bleiben entmündigt

fs /  Eine Impf- oder Organspendepflicht soll es nicht geben. Doch für Frauen bleibt das Selbstbestimmungsrecht über den Körper eingeschränkt.

In aktuellen Debatten steht das Recht auf körperliche Selbstbestimmung im Mittelpunkt. So soll es beispielsweise keine Pflicht geben, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen. Organspenden muss man zu Lebzeiten ausdrücklich zustimmen. Nun planen jedoch einige Länder wie die Schweiz einen Systemwechsel: Wer zu Lebzeiten eine Organspende nicht ausdrücklich ablehnt, gilt nach seinem Tod als potentieller Organspender. In Deutschland hat das Parlament letztes Jahr einen Wechsel zu dieser Widerspruchsregel abgelehnt. In der Debatte war das Selbstbestimmungsrecht über den Körper ein wichtiges Argument. Niemand soll gesetzlich verpflichtet sein, jemandem ein Organ spenden zu müssen. Denn niemand hat das Recht, den Körper eines anderen Menschen gegen dessen Willen zu benutzen.

Staat entmündigt Schwangere
Für schwangere Frauen gilt dies nicht. Denn die meisten Staaten nehmen sich das Recht heraus, Schwangeren das Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper abzusprechen. Schwangerschaftsabbrüche gelten rechtlich als Straftat und sind lediglich unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Frauen müssen beispielsweise Fristen einhalten und Zwangsberatungen auf sich nehmen, um keine Strafen zu riskieren. Einige Staaten wie der EU-Mitgliedstaat Malta nimmt Schwangeren das Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper gleich ganz weg. Dort herrscht ein Austragungszwang, auch nach einer Vergewaltigung oder bei Lebensgefahr für die Schwangere. Wer abtreibt, riskiert eine Gefängnisstrafe. Anfang dieses Jahres berichteten Medien in den USA, dass republikanische Politiker im Bundesstaat Tennessee ein Gesetz vorschlagen, das Männern sogar ein Vetorecht bei Schwangerschaftsabbrüchen einräumt – auch nach einer Vergewaltigung.

Es geht um Macht
Das Selbstbestimmungsrecht über den Körper, das in Diskussionen über Impfungen und Organspenden als hohes Gut gilt, haben Frauen also nicht. Ihre Entmündigung basiert auf dem tief verankerten Vorurteil, dass man Ungeborene vor egoistischen Frauen schützen muss. Doch angeblich egoistischen Frauen dürfte man auch kein Baby anvertrauen, schrieb die feministische Autorin Laurie Penny im US-Politikmagazin «The New Republic». Schlussendlich gehe es wie bei einer Vergewaltigung um Macht und die Kontrolle von Frauen. Denn es sei unmöglich, dass zwei das gleiche Recht auf denselben Körper haben.

Keine Impfpflicht, aber eine Gebärpflicht
Corona hat Menschen gegen staatliche Massnahmen, die sie als übergriffig erachten, auf die Strasse geführt. Dabei sind Vorgaben wie Maskenpflicht und Abstandsregeln im Vergleich zu einer erzwungenen Geburt harmlos. Die meisten Staaten zwingen niemanden, sich impfen zu lassen oder Blut zu spenden, um Leben zu retten. Doch genau mit diesem Argument rechtfertigt der Staat den Zugriff auf den Körper von Schwangeren. Wenn das Selbstbestimmungsrecht über den Körper tatsächlich ein so hohes Gut ist, wie man jetzt behauptet, dürfte der Staat Frauen nicht mehr zwingen, gegen ihren Willen ein Kind auszutragen. Schwangerschaftsabbrüche müsste er aus dem Strafgesetzbuch streichen.

Schwangerschaftsabbruch entkriminalisiert
Neuseeland geht diesen Weg und hat kürzlich Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert. Diese sind nicht mehr im Strafrecht, sondern wie andere körperliche Eingriffe als medizinische Behandlung im Gesundheitsrecht geregelt. Damit hat auch ein Fötus keinen Rechtsanspruch mehr darauf, den Körper eines anderen Menschen gegen dessen Willen zu benutzen.


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