Fadaum

Facebook entscheidet nach geheimen Kriterien, welche Inhalte erlaubt sind. © WF/FB

Frauen töten ist ok, Trump erschiessen nicht

fs /  Facebook praktiziert eine hohe Toleranz bei Hass und Gewalt gegen Frauen. Die internen Regeln sind oft schwammig, wie geleakte Dokumente zeigen.

Facebook entscheidet nach eigenen und bisher geheimen Regeln, was zensiert wird und was online bleibt. Die britische Zeitung «Guardian» hat mehr als 100 interne Unterlagen wie Handbücher und Schulungsunterlagen zugespielt erhalten. Aus den Dokumenten geht hervor, wie die Moderatorinnen und Moderatoren von Facebook mit Inhalten umgehen sollen, die von Userinnen und Usern gemeldet werden.

Frauenhass toleriert
Diese Regeln sind oft schwammig und widersprüchlich. Gelöscht werden muss beispielsweise die Äusserung «irgendwer sollte Trump erschiessen», weil damit eine konkrete Person bedroht wird. Erlaubt ist hingegen folgende Äusserung, weil sie unpersönlich und unglaubwürdig ist: «Um den Hals einer Schlampe zu brechen, richte den Druck auf die Mitte ihres Halses.» In den Richtlinien heisst es laut «Guardian», die Moderatorinnen und Moderatoren müssten berücksichtigen, dass im Internet oft aggressiver formuliert werde als im direkten zwischenmenschlichen Umgang. Das erklärt wohl auch die grosse Toleranz von Facebook gegenüber Hassseiten. Letztes Jahr hat der Konzern beispielsweise monatelang Meldungen über eine Seite ignoriert, die zu Gewalt gegen Frauen aufrief. Erst als eine Journalistin sich meldete, wurde die Seite gelöscht.

Rachepornos
Nacktfotos und -Videos, die «gegen den Willen» der abgebildeten Person im Netz veröffentlicht worden sind, müssen die Moderatorinnen löschen. Die Hürden dafür sind allerdings hoch. Solche Rachepornos müssen Nacktheit oder sexuelle Aktivitäten in einem privaten Umfeld zeigen und es muss erkennbar sein, dass die gezeigte Person der Veröffentlichung nicht zustimmt. Als Hinweis dafür gelten abschätzige Textkommentare, heisst es laut «Guardian» in den Leitlinien. Auch Medienberichte über den Inhalt gelten als Hinweis dafür, dass es sich um einen Racheporno handelt. Allerdings müssen die Moderatorinnen in Windeseile entscheiden.

«Graubereiche wird es immer geben»
Die Moderatorinnen und Moderatoren haben oft nur zehn Sekunden Zeit, um einen Inhalt zu beurteilen, schreibt der «Guardian». Ein Moderator sagte dem «Guardian» unter dem Schutz der Anonymität: «Facebook schafft es nicht, die Kontrolle über die Inhalte zu bewahren. Es ist zu schnell zu gross geworden.» Monika Bickert, bei Facebook Chefin für die Lösch-Regeln, sagte im «Guardian», Facebook habe fast zwei Milliarden Nutzerinnen und Nutzer, die sehr unterschiedliche Ansichten hätten, was erlaubt sein soll und was nicht. «Egal, wo man die Linie zieht, Graubereiche wird es immer geben.»

Moderatorin spielen
Der «Guardian» hat unter dem Titel «Ignore or Delete» Bilder veröffentlicht, die tatsächlich gepostet und von Facebook moderiert worden sind. Man kann selber entscheiden, ob ein Bild zulässig sein soll oder nicht. Anschliessend erfährt man wie Facebook entschieden hat.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

IBAN: CH 0309000000604575581