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Die Talkshow «hart aber fair» zum Thema Gleichstellung wird wiederholt. © ARD

«Unseriöser» Umgang mit dem Thema Gleichstellung

/  In Deutschland hat eine TV-Talkshow zum Thema Gleichstellung eine Kontroverse ausgelöst. Sie soll nun wiederholt werden.

Red. Am 7. September 2015 wurde die kritisierte «hart aber hair»-Sendung wiederholt. Der «Spiegel» kommentierte, «um Argumente ging es auch diesmal nicht». Der WDR hat die erste Sendung, welche die Kontroverse ausgelöst hat, wieder in die Mediathek aufgenommen.

Mehrere Frauenverbände hatten Beschwerden gegen die «hart aber hair»-Sendung eingereicht, die unter dem Titel «Nieder mit den Ampelmännchen – Deutschland im Gleichheitswahn?» im März in der öffentlich-rechtlichen ARD zu sehen war. Die Beschwerdeführerinnen warfen dem Moderator Frank Plasberg unter anderem vor, Geschlechterforschung und Gleichstellungspolitik lächerlich gemacht und gegen journalistische Grundsätze verstossen zu haben. Plasberg hatte sich zu Beginn der Sendung darüber lustig gemacht, dass es in Deutschland 190 Professuren für Geschlechterforschung gibt und Frauen 180 dieser Professuren inne haben.

Aus Mediathek entfernt
Der zuständige WDR-Rundfunkrat entschied im August, dass die Sendung zwar nicht gegen Programmrichtlinien verstösst. Das Gremium ordnete aber an, dass die Sendung nicht mehr gezeigt werden darf und aus der Mediathek der ARD entfernt werden muss. Diese Entscheidung basiert auf der Beurteilung durch den zuständigen WDR-Programmausschuss. Danach ist in der Sendung mit dem Thema Gleichstellung «in einer unseriösen Art und Weise umgegangen worden – nicht zuletzt durch den Moderator». Die Gästeauswahl sei einseitig gewesen, die Moderation fragwürdig und die Einspieler hätten das Thema der Lächerlichkeit preisgegeben. Ruth Hieronymi, Vorsitzende des WDR-Rundfunkrates, sagte in der «Bild»-Zeitung: «Die Auswahl der Gäste und die Gesprächsleitung waren für die Ernsthaftigkeit des Themas nicht ausreichend.»

Kontroverse Reaktionen
Der Entscheid des WDR-Rundfunkrates hat eine Kontroverse ausgelöst. Kritiker sprachen von Zensur und Selbstzensur der ARD. Hingegen begrüsste der Deutsche Frauenrat, Dachorganisation deutscher Frauenverbände, den Entscheid des Rundfunkrates. Er sei ein Erfolg für die Beschwerdeführerinnen. Trotz der formalen Zurückweisung seien die Beschwerden ein Erfolg gewesen, weil sie eine breite öffentliche Diskussion initiiert hätten. Zu den Grundrechten gehöre die Pressefreiheit, aber auch die Gleichstellung von Frau und Mann. «Der Talkrunde bei ‹hart aber hair› mangelte es an einer nicht-sexistischen und diffamierungsfreien Darstellung des Themas Gleichstellung.»

Den Vorwurf der Zensur oder Selbstzensur wies Jörg Schönenborn, WDR-Fernsehdirektor, zurück. Die Sendung sei intern diskutiert und «durchaus selbstkritisch» analysiert worden. Es komme immer wieder vor, dass Sendungen aus der Mediathek entfernt werden. Aufgrund der grossen Debatte habe die Redaktion entschieden, das Thema Gleichstellung noch einmal zum Thema einer «hart aber hair»-Sendung im Herbst zu machen.

In Österreich hat der Frauendachverband im Frühjahr in einem offenen Brief kritisiert, dass der öffentlich-rechtliche TV-Sender ORF Antifeministen eine Bühne bietet. Frauenfeindliche Positionen erhielten damit zu viel Gewicht. Es stelle sich die Frage der journalistischen Verantwortung im ORF, wenn der TV-Sender sexistische und frauenfeindliche Positionen zu scheinbar relevanten Stimmen erhebe, die gehört werden müssen.


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