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YouTuberin Lina Bae strahlt, nachdem sie ihr Make-up entfernt hat. © LB

Frauen haben genug von Schönheitsidealen und Spanner-Videos

fs /  In Südkorea zerstören Frauen ihre Kosmetikprodukte und Zehntausende demonstrieren gegen Spanner-Videos.

Cha Ji-Won hat die Nase voll: Jahrelang hatte sie täglich viel Zeit und monatlich 90 Schweizer Franken (80 Euro) ausgegeben, um das koreanische Schönheitsideal zu erreichen. Danach sollen Frauen eine makelreine helle Haut, grosse Augen, eine hohe Nasenbrücke, dicke Lippen, ein schmales Gesicht und einen dürren Körper haben. Jetzt hat sie alles weggeworfen und sagte im «Guardian»: «Ich fühle mich wie neu geboren.» Die Sorge, nicht dem koreanischen Schönheitsideal zu entsprechen, habe sie zu viel Zeit und Energie gekostet. «Jetzt nutze ich diese Zeit, um Bücher zu lesen und Sport zu treiben.» Für Kosmetika gibt sie noch knapp 4 Franken aus.

Zeit und Geld
Südkorea gilt als Land mit extrem hohen Schönheitsstandards und einer boomenden Schönheitsindustrie. Doch nun rebellieren immer mehr Frauen gegen ein Schönheitsideal, in das Frauen viel Zeit und Geld investieren. Viele argumentieren mit dem hohen Zeitaufwand, den nur Frauen aufbringen müssen und der in keiner Weise kompensiert werde. Unter dem Hashtag «#Escape the corset» zeigen sie sich ungeschminkt, in weiten Kleidern und mit kurzen Haaren. Eine Userin schrieb auf Instagram zum Foto ihrer zerstörten Kosmetikprodukte, sie habe wenig Selbstvertrauen gehabt und deshalb jeden Tag eine Make-up-Maske getragen. «Jetzt habe ich realisiert, dass wir das nicht tun müssen und habe die Maske, die mein Leben ruiniert hat, abgezogen.»

«Finde dich selbst»
YouTuberin Lina Bae veröffentlichte ein Video mit abwertenden Kommentaren, die sie zu ihrem Aussehen erhalten hatte. Während des Videos schminkt sie sich, am Ende wischt sie das Make-up wieder ab und strahlt in die Kamera: «Ich bin nicht schön, aber ich muss nicht schön

Video «Ich bin nicht schön» von Lina Bae.

sein. Verletze Dich nicht selber wegen anderen. Vergleiche Dich nicht mit dem Bild der Medien. Du bist besonders wie Du bist. Niemand wird Dir weh tun können. Du musst nicht schön und schlank sein. Sei nicht jemand, der durch andere gemacht wurde. Finde dich selbst. Ich werde Dich immer unterstützen.»

Protest gegen Rollenklischees
«#Escape the corset» gilt als Teil einer grösseren Bewegung gegen patriarchale Strukturen. Seit Monaten demonstrieren in Seoul Zehntausende vor allem junge Frauen unter dem Motto «Mut unbequem zu sein» gegen sexuelle Belästigung durch versteckte Kameras und für mehr Gleichberechtigung. Lee Na-Young, Professorin für Women’s Studies an der Chung-Ang-Universität in Seoul, sagte im «Guardian», Südkoreanerinnen protestierten gegen das Schönheitsideal und grundsätzlich gegen traditionelle Rollenklischees: «Diese Frauen erleben Befreiung, und wenn sie diese einmal erleben, gibt es keinen Weg zurück.» Die südkoreanische Kosmetikindustrie bangt jetzt um ihr Geschäft und will deshalb Männer als Kunden gewinnen, berichten südkoreanische Medien.


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