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Pamela Rendi-Wagner ist die erste SPÖ-Parteichefin. © Österreichisches Parlament

In der Krise darf eine Frau ran

fs /  In Österreich führt erstmals eine Frau die sozialdemokratische Partei. Diese steckt in einer tiefen Krise.

Der Parteivorstand hat nach dem unerwarteten Rücktritt des Amtsinhabers und früheren Regierungschefs Christian Kern Pamela Rendi-Wagner als geschäftsführende Parteivorsitzende gewählt. Die Bestätigung der 47-Jährigen durch den Bundesparteitag von Ende November gilt als Formsache. Rendi-Wagner ist seit der Parteigründung vor 130 Jahren die erste Frau an der Spitze der sozialdemokratischen Partei (SPÖ).

«Feministin – was denn sonst?»
Die Ärztin war vor den Neuwahlen im letzten Jahr Frauen- und Gesundheitsministerin. Der «Standard» kommentierte, die SPÖ-Politikerin kenne im Unterschied zu den Präsidenten der konservativen Parteien den Alltag und die Bedürfnisse von erwerbstätigen Frauen, die Kinder haben. Anders als die konservative Frauenministerin Bogner-Strauss hat Rendi-Wagner das Frauenvolksbegehren unterschrieben, das unter anderem gleichen Lohn für gleiche Arbeit fordert. Laut österreichischen Medien hat sich die neue Parteichefin dazu bekannt, Feministin zu sein: «Feministin – was denn sonst?».

«Politische Trümmerfrauen»
Die SPÖ ist in Österreich in der Krise. Letztes Jahr musste sie nach der Parlamentswahl die Regierung verlassen. Ihr Wähleranteil sank danach zwischenzeitlich unter 20 Prozent. Dass in Krisenzeiten die Chancen für Frauen auf ein Spitzenamt steigen, ist in Politik und Wirtschaft nicht ungewöhnlich. Einige prominente Beispiele:

  • In Deutschland konnte Angela Merkel im Jahr 2000 den Parteivorsitz der CDU übernehmen, als die Partei wegen der Parteispendenaffäre in einer tiefen Krise steckte. Letztes Jahr wurde mit Andrea Nahles erstmals eine Frau SPD-Fraktionsvorsitzende, «als alle verfügbaren und irgendwie relevanten Männer den Wagen vollständig vor die Wand gefahren haben», wie Kolumnistin Margarete Stokowski in «Spiegel Online» schrieb. Nahles und Merkel seien «politische Trümmerfrauen», kommentierte Nico Fried in der «Süddeutschen Zeitung».
  • In Island wurden nach dem Bankencrash Ende 2008 Elin Sigfusdottir und Birna Einarsdottir Chefinnen der verstaatlichten Grossbanken Landsbanki und Glitnir (heute: Íslandsbanki). Frauen müssten die Sauerei aufputzen, welche die Männer hinterlassen haben, hiess es damals.
  • In den USA wurde Anfang 2009 mit Mary Schapiro erstmals eine Frau Chefin der US-Börsenaufsicht SEC. Sie sei die richtige Person, um nach der Verhaftung des Milliardenbetrügers Bernard Madoff den Ruf der angeschlagenen Börsenaufsicht wieder herzustellen, schrieben Kommentatoren.
  • Der Fussball-Weltverband (Fifa) hat in seiner bisher grössten Glaubwürdigkeitskrise vor zwei Jahren die Senegalesin Fatma Samoura zur neuen Generalsekretärin gewählt.

Zeichen für Umbruch
In einer Analyse über Führungswechsel in den grössten US-Unternehmen kamen zwei Forscherinnen zum Schluss, dass mit der Berufung einer Frau zur Chefin ein deutliches Zeichen für einen Umbruch gesetzt werden könne. Frauen würden als glaubwürdiger gelten, wenn sie sich öffentlich für die Fehler eines Unternehmens entschuldigen. Wenn die Chefinnen die Unternehmen jedoch nicht rasch wieder aus der Krise führen könnten, würden sie rasch durch Männer mit «Erfahrung» ersetzt.


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